Arbeitsmarktprojekt: „Ein Job ist ein großer Integrationssprung“
Seit einem Jahr läuft unser Arbeitsmarktprojekt für Asylwerber*innen im Ute Bock Haus. Trotz aller Widerstände zeigt unser Engagement erste Erfolge.
Seit Sommer 2021 haben Asylwerber*innen unter gewissen Voraussetzungen Zugang zum Arbeitsmarkt. Das Flüchtlingsprojekt Ute Bock schließt mit dem hauseigenen Arbeitsmarktprojekt für Asylsuchende eine wichtige Lücke im Betreuungsangebot für Geflüchtete in Wien. Wir glauben fest daran, dass Arbeit nicht nur ein Mittel zur Existenzsicherung ist, sondern auch ein wesentlicher Baustein für die gesellschaftliche Integration von Asylwerber*innen.
Der Weg zum Job
„Wir sehen deutlich, dass unsere Klient*innen arbeiten wollen, es mangelt aber oft an Möglichkeiten. Unser Ansatz ist deswegen klar: Wir bringen arbeitssuchende Asylwerber*innen und Arbeitgeber*innen zusammen, denn es geht nur gemeinsam“, so unser Geschäftsführer Gerd Trimmal, der das Arbeitsmarktprojekt bei uns betreut. Diverse Unternehmen wie ein McDonald's Franchiser oder Speisen ohne Grenzen unterstützen unser Projekt. Gemeinsam haben wir so bereits neun Personen erfolgreich in die Gastronomie vermittelt.
Der Weg zum Job beginnt für unsere Klient*innen mit vielen Gesprächen mit ihren Betreuer*innen: Als was haben sie in ihren Heimatländern gearbeitet? Welche Ausbildungen wurden und werden gemacht? Ist das Sprachniveau auf Deutsch bzw. Englisch bereits ausreichend? Wenn die Voraussetzungen passen, übernimmt Gerd Trimmal sie in das Arbeitsmarktprojekt. Er hilft zusammen mit einem Ehrenamtlichen bei der Erstellung der wichtigen Unterlagen und stellt Kontakte zu Firmen her. Denn diese parallele Vernetzung mit potentiellen Arbeitgeber*innen ist der Schlüsselfaktor. Gerd organisiert Bewerbungsgespräche oder nimmt mit unseren Klient*innen an Job Speed Datings teil. Anschließend unterstützt er die potentiellen Arbeitgeber*innen beim AMS-Antrag auf Beschäftigungsbewilligung, die für die Anstellung von Asylwerber*innen benötigt wird.
Für unsere mittlerweile arbeitenden Klient*innen hat sich nicht nur ihre finanzielle Situation verbessert, sondern sie konnten auch ihre Deutschkenntnisse stärken. Sie werden zu einem aktiven Teil der Gesellschaft, fühlen sich willkommener und sicherer. Ihr Job kann sich sogar positiv auf den Aufenthaltsstatus auswirken und langfristige Möglichkeiten für eine erfolgreiche Integration eröffnen. Gleich bei sechs unserer vermittelten Klient*innen wurde zwischenzeitlich ein positiver Aufenthaltsstatus vergeben.
Angesichts dieses positiven Impacts vernetzen wir uns auch mit anderen Flüchtlingsorganisationen, die (noch) keine Ressourcen für die Jobsuche von Asylwerber*innen haben. Hier zeigt sich deutlich unser Vorteil als großteils spendenfinanzierte Organisation, da wir unabhängig agieren und Projekte für spezielle Zielgruppen umsetzen können, für die es keine Förderungen gibt. Wir laden nun regelmäßig andere Organisationen dazu ein, ebenfalls mit ihren Klient*innen an von uns organisierten Bewerbungstagen teilzunehmen.
Insbesondere in der Gastronomie werden Arbeitskräfte gesucht
Symbolfoto: Adobe Stock
Potential für Verbesserung
Die Win-Win-Situation für Arbeitgeber*innen und Asylwerber*innen ist eigentlich offensichtlich: Unternehmen suchen dringend nach Arbeitskräften, während Asylwerber*innen die Möglichkeit bekommen, schneller unabhängig von staatlicher Unterstützung zu werden und einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Um diese beiden Gruppen zusammen zu bringen, bräuchte es eine zentrale Arbeitsmarkt-Anlaufstelle für Asylwerber*innen und Arbeitgeber. Das würde die Schwierigkeiten der Vermittlung deutlich reduzieren.
Während die Nachfrage nach Arbeitskräften vor allem in der Gastronomie hoch ist, erschweren die bürokratische Hindernisse eine schnelle Integration von Asylsuchenden am Arbeitsmarkt. Für eine Beschäftigungsbewilligung, die für jeden einzelnen Job beantragt werden muss, ist Geduld gefragt: bis zu sechs Wochen benötigt das AMS für die Bearbeitung, Ausgang ungewiss. Wir wünschen uns daher eine Vereinfachung des Prozesses und idealerweise eine Abschaffung der Beschäftigungsbewilligung (ähnlich wie bei den Ukrainer*innen), um den Asylwerber*innen vergleichbare Chancen am Arbeitsmarkt zu bieten und ihnen nicht das Gefühl zu geben, sie seien Arbeitskräfte der zweiten Klasse, die zum Teil trotz Zusage des Arbeitgebers nicht arbeiten dürfen.
Doch am Wichtigsten: es braucht mehr Sicherheit und Flexibilität des Grundversorgungssystems! Asylwerber*innen, die in geförderten Unterkünften leben, sind bei Jobantritt davon bedroht, aufgrund ihrer Einkünfte sofort ihre Unterkunft zu verlieren. Doch mit einem Einstiegs- bzw. Hilfsjob finanziell über die Runden zu kommen, vor allem wenn man noch Familie hat, ist sehr schwer. Und so sind viele Asylwerber*innen aus Angst vor Obdachlosigkeit zur Untätigkeit gezwungen.
Integration ab Tag 1
Auch an diesen Problemen zeigt sich: Aktuell sind Maßnahmen zur (Arbeitsmarkt)Integration in Österreich erst ab dem Aufenthaltsstatus angedacht, es ziehen Jahre ungenutzt ins Land. Das ist kurzsichtig, denn wer länger nicht arbeitet, ist später tendenziell weniger stabil in Beschäftigungsverhältnissen. Dabei hätten Integrations- und Arbeitsmarktmaßnahmen auch einen positiven Einfluss auf die Verwurzelung in den Bundesländern. Viele Asylberechtigte ziehen nach Abschluss des Verfahrens aus den Bundesländern nach Wien, um hier bei null beginnend ihr Glück zu suchen. Mit bestehenden Arbeitsverhältnissen und sich daraus ergebenen sozialen Netzwerken wäre dies anders.
Glücklicherweise zeigen die Zahlen des AMS, dass sich gerade in Bundesländern wie Tirol, Oberösterreich, Vorarlberg und der Steiermark die Anzahl der vergebenen Beschäftigungsbewilligungen in den letzten Jahren deutlich erhöht hat (2023 mehrere Hundert in jedem dieser Bundesländer), die Saisonbeschäftigungen gehen zurück. Das ist eine vielversprechende Entwicklung. In Wien ist die Situation leider ungleich schwieriger, hier wurden 2023 nur 86 Beschäftigungsbewilligungen erteilt. Zwar ist das auch eine Steigerung, aber der Arbeitsmarkt ist in Österreichs bevölkerungsreichstem Bundesland deutlich herausfordernder – und ist es damit auch für unser Arbeitsmarktprojekt.
Trotz der Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, sind wir optimistisch, dass wir gemeinsam positive Veränderungen bewirken können. Die Erfolge, die wir bisher mit unserem Arbeitsmarktprojekt erzielt haben, zeigen, dass eine Arbeitsmarktintegration während des Asylverfahrens langfristige Möglichkeiten eröffnet und die Integration in die Gesellschaft fördert. Das gibt uns Kraft für den weiteren steinigen Weg.
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