„Endlich wieder unterrichten!“
Der Weg eines syrischen Mathematiklehrers zurück in seinen Traumberuf.
Sechs Jahre ist es her, dass Hamsa (38) gemeinsam mit seiner Familie aus Syrien nach Österreich geflüchtet ist. Er sah nach der Geburt seines Sohnes Firas keine Zukunft mehr in dem vom Krieg gebeutelten Land.
Die Familie bekam schnell Asyl und damit die Möglichkeit, sich ein neues, sicheres Leben in Wien aufzubauen. „Ich hatte ein großes Ziel: Ich wollte nicht nur ein Flüchtling sein, sondern bald wieder als Mathematiklehrer arbeiten.“
Hamsa hatte Glück, denn zu diesem Zeitpunkt gab es für Asylberechtigte und Asylwerber*innen mit hoher Anerkennungswahrscheinlichkeit das Integrationsjahr, das dem Spracherwerb und der Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt diente. Neben Deutschkursen und Bewerbungstrainings gehörte auch ein Arbeitstraining in einer gemeinnützigen Organisation dazu. (2019 wurde das Programm leider eingestellt.)
Hamsa entschied sich, sein Integrationsjahr an einem Ort des Lernens zu absolvieren und wurde im Ute Bock Bildungszentrum fündig. Dort half er tatkräftig bei den Büffelböcken mit und unterstützte die Schüler*innen in seinem Lieblingsfach Mathematik. Und auch nach seiner Arbeitszeit im Bildungszentrum gab er HTL-Schüler*innen und Maturant*innen zusätzlich Nachhilfe in Mathematik. Hamsa selbst konnte in diesem Jahr mit Unterstützung seiner BIZ-Kolleg*innen seine Deutschkenntnisse verbessern und lernte in der praktischen Arbeit viel über das österreichische Bildungssystem.
Auf Grund dieses außergewöhnlichen Engagements und seiner fachlichen Qualifikation erhielt Hamsa 2019 einen der 25 begehrten Plätze im Zertifikatslehrgang für Lehrer*innen mit Fluchthintergrund an der Universität Wien. „Ohne die Zeit im Bildungszentrum hätte ich die Zusage nie bekommen“, erinnert sich Hamsa. Er studierte vier Semester österreichische Didaktik und Pädagogik und qualifizierte sich so zum Unterrichten in einer Unter- und Oberstufe.
Seit März 2021 ist Hamsas Ziel nun endlich Wirklichkeit: Er darf wieder unterrichten! „Alleine hätte ich das nicht geschafft. Ich hatte großes Glück und bin sehr dankbar für die Unterstützung vom Flüchtlingsprojekt Ute Bock“, meint er bescheiden. „Jetzt kann ich auf Formularen endlich wieder einen Beruf eintragen!“
Sechs Jahre nach seiner Flucht arbeitet Hamsa nun wieder als Lehrer! Das ist nicht nur für ihn selbst wichtig, sondern auch für unser Bildungssystem. Derzeit gibt es in den meisten Bundesländern Österreichs einen Lehrer*innenmangel. An multikulturellen Lehrer*innen-Teams in Schulen mangelt es sowieso! Denn alle Kinder (egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund) würden von mehr Vielfalt im Lehrer*innenzimmer profitieren.